3/25 Wohnen
BAU.WERK
Kreative Familienbande
Die Lage? Einfach traumhaft. Die Architektur? Ein cleveres Raumgefüge. Die Bewohner? Eine eingeschworene Gemeinschaft. Keine Frage: So möchte man wohnen!
Text Susanne Lieber | Fotos David Zangger, Simon Zangger | Pläne Thomas Zangger
Schon beim Rundgang ums Haus wird deutlich, wie eng der Bauherr David Zangger mit diesem Ort verbunden ist. Bevor er vor drei Jahren hier neu baute, stand das Haus der Grosseltern dort – ein Holzbau, den einst der Schweizer Anthroposoph Willy Stokar (1893–1953) in den 1930er Jahren erbaute. David Zanggers Grossvater – der Architekt Hans Zangger (1929–2011) – wollte irgendwann selbst neu bauen, so zumindest war der Plan. Daraus wurde allerdings nichts. Stattdessen hatte er das alte Stokar-Haus umgebaut und renoviert. Bis vor wenigen Jahren stand es noch genau an jener Stelle, wo heute das Mehrfamilienhaus seines Enkels steht. Seit drei Jahren wohnt dieser nun mit seiner Frau und den beiden Kindern dort. Genauer gesagt in einer der drei Wohnungen, die hier entstanden sind. In den anderen beiden wohnt sein Bruder Jonathan, Innenarchitekt, und eine befreundete Familie. «Für mich und meine kleine Familie wäre das Grundstück einfach zu gross gewesen. Und gleichzeitig wünschten wir uns, dass dies ein Familienort bleibt», so der Bauherr, der seit 20 Jahren in Zürich eine Branding-Agentur führt. Dieser freundschaftlich-familiäre Zusammenhalt der Hausgemeinschaft manifestiert sich auch in der Architektur: Das Ineinandergreifen der Grundrisse bildet ein verbindendes Raumgeflecht. Zu dicht rückt man sich dennoch nicht auf die Pelle – auf dem 3500 Quadratmeter grossen Grundstück ist Platz en masse.
Abenteuer zwischen Bächen und Wald
Das Grundstück am Rande von Adliswil (ZH) ist ein Paradies, für Klein und für Gross: Direkt an einem Wald gelegen – einige der Bäume gehören sogar zum Grundstück dazu –, wird dieses am unteren Ende von zwei kleinen Bächen begrenzt. Ein Abenteuerspielplatz, der seinesgleichen sucht. «Einer der beiden Bäche führt selbst im Hochsommer noch Wasser. Das ist natürlich cool für die Kids», erklärt David Zangger. Und verrät nebenbei, dass es auf seinem Grundstück sogar Sommertrüffel gibt. Die Ausbeute im letzten Jahr? Stolze 1,5 Kilo! Zu seinen persönlichen Lieblingsplätzen im Garten zählt übrigens eine Yogaplattform direkt am Hang, auf der er morgens die ersten Sonnenstrahlen geniesst. Gebaut hat er die Plattform selbst – wie so vieles in Haus und Garten. Denn bevor er an der Zürcher Hochschule der Künste Industriedesign studierte, machte er eine Lehre als Zimmermann. In dieser Zeit hatte er seinem Grossvater auch dabei geholfen, den Schopf zu bauen, der heute noch existiert und gelegentlich das Nachtlager der Kinder ist.
Erst der Garten, dann der Holzbau
Dass der Garten wild und naturnah gestaltet werden sollte, war von Anfang an gesetzt. «Noch bevor wir wussten, welches Holzbauunternehmen wir beauftragen würden, stand der Landschaftsgärtner fest», erklärt der sympathische Bauherr. Und bekundet, dass er die Holdener Gartenbau GmbH vor allem auch deshalb sehr schätze, weil sie ein Händchen dafür hat, Architektur und Natur sensibel miteinander in Einklang zu bringen. Was sich hier einmal mehr beweist: Der Garten mit Naturteich, geschwungenen Kieswegen und Findlingen aus der Umgebung schafft einen harmonischen Brückenschlag zum angrenzenden Wald.
Der Wald hatte denn auch grossen Einfluss auf die Planung des Hauses, das später von der Schaerholzbau AG in Elementbauweise realisiert worden ist. Zum einen schützt der Wald vor Einblicken, weshalb die Fenster entsprechend gross dimensioniert sind. Zum anderen ist er Schattenspender, was einen bauseitigen Sonnenschutz grossteils überflüssig macht. «Wir brauchen fast keine Storen – wir haben den Wald», bringt es David Zangger auf den Punkt. Im Winter hingegen scheint die Sonne durchs laubfreie Geäst und sorgt für ein schönes Licht- und Schattenspiel.
Trotz der vielen hohen Bäume wirkt das Haus im Inneren ausgesprochen hell – was auch an den Oblichtern liegt, die sich über die beiden Maisonette-Wohnungen verteilen. Insgesamt sind es zwölf an der Zahl. Dass überhaupt so viele eingeplant werden konnten, ist dem architektonischen Konzept geschuldet: Das Gebäude besteht aus verschiedenen Volumen, die zueinander versetzt sind und – der Topografie folgend – auch in der Höhe variieren. Im Inneren des Gebäudes entsteht dadurch ein abwechslungsreiches Raumgefüge, das unterschiedlichste Perspektiven offeriert. So sind beispielsweise die Fenster mit filigranem Holzrahmenprofil so konzipiert, dass sie tiefe Sitznischen bilden, von denen man gemütlich in die Natur schauen kann. Die integrierten Regale und Schubfächer darunter bieten gleichzeitig kostbaren Stauraum, von dem man in der Regel nicht genug haben kann. In diesem Fall, so gesteht der Bauherr, seien aber immer noch Schubladen leer.
Alles aus einer Hand
Das der Holz- und der Innenausbau so gut aufeinander abgestimmt sind, kommt dabei nicht von ungefähr. Die Schaerholzbau AG deckte bei diesem Projekt nämlich sämtliche Holz(bau)arbeiten ab. Eine Kompetenz, die der Bauherr zu schätzen weiss: «Das Unternehmen umfasst nicht nur eine Zimmerei für den Elementbau, sondern unterhält auch eine eigene Sägerei. Zudem sind Schreiner dort beschäftigt, die sich auf hochwertiges Handwerk verstehen. Sämtliche Einbauschränke, Fensterbänke und Holzdetails wurden von ihnen gemacht.» Der Anspruch des Unternehmens an Architektur und Gestaltung sei hier in allen Bereichen sehr hoch. Und somit ist es auch nicht erstaunlich, dass der Bauherr mit dem Ergebnis rundum zufrieden ist.
Raumstrukturen auf zwei Ebenen
Aufgeteilt ist die Maisonettewohnung der vierköpfigen Familie wie folgt: Vom gemeinsamen Hauseingang – von hier aus werden alle drei Wohnungen erschlossen – betritt man den Vorraum des 240 Quadratmeter grossen Refugiums, das sich als offene Raumstruktur präsentiert. Vom Flur gelangt man in ein Arbeits- beziehungsweise Gästezimmer, an das ein kleines Bad mit WC angegliedert ist. Über eine zweite Tür ist dieses auch direkt vom Flur zugänglich. Ansonsten ist die gesamte Ebene offen gestaltet, wobei sie sich dennoch in Teilbereiche gliedert: Die gemütliche Sofaecke liegt beispielsweise zwei Stufen höher, wodurch sich ein etwas niedriger Raum ergibt. Über der Küche und dem grossen Esstisch reicht hingegen der Luftraum bis zur Galerie hinauf. Zwei sich gegenüberliegende Terrassen erweitern das Wohngeschoss jeweils in den Aussenraum.
Auf der oberen Ebene befinden sich das Elternschlafzimmer mit Bad und eigener Terrasse sowie zwei Kinderzimmer und ein zusätzliches Bad. Eines der Kinderzimmer ist dabei als «Schaltzimmer» definiert, das bei Bedarf – und ohne grossen baulichen Aufwand – der angrenzenden Maisonettewohnung zugeordnet werden kann. Doch der aktuelle Stand der Dinge: Noch teilen sich die Kinder (freiwillig!) ein Zimmer, was das Schaltzimmer fast überflüssig macht. «Wir wissen momentan nicht so recht, was wir damit machen sollen», gibt David Zangger offenherzig zu. Zurzeit nutzt er es, um am Computer Musik zu machen. Und ein weiteres Gästezimmer zu haben – vor allem bei einer grossen Familie – ist natürlich auch immer eine gute Option. Apropos Familie: Der Bau war für die gesamte Familie ein besonderes Projekt – vor allem natürlich für Vater und Sohn. Für den Architekten Thomas Zangger, den Vater von David, war es zugleich sein letzter Bau. Inzwischen ist er im Ruhestand. schaerholzbau.ch
Das Projekt – die Fakten
Projekt: Mehrfamilienhaus in Adliswil (ZH), Ersatzneubau
Fertigstellung: 2022
Bauherrschaft: David Zangger
Architektur: Zangger Architektur (Thomas Zangger, inzwischen im Ruhestand)
Innenarchitektur: Jonathan Zangger, Dyer-Smith AG, Dietikon (ZH)
Gestalterische Leitung: David Zangger (Bauherr)
Ingenieurleistung: Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See (AG) (bis Vorprojekt); Schaerholzbau AG, Altbüron (LU)
Gesamtleistung (GU) / Holzbau / Innenausbau: Schaerholzbau AG, Altbüron
Projektleitung: Andreas Bläuenstein
Konstruktion / Tragwerk: Holzelementbau
Holz: Fichte / Tanne (Konstruktion), Schweizer Weisstanne (Innenausbau / Schreinerarbeiten)
Geschossflächen (pro Wohnung): 240 m2 (Maisonette), 145 m2 (Maisonette), 100 m2
Besonderheiten: Auf eine Tiefgarage wurde verzichtet
Architektur und Gestaltung
Der Bau des Mehrfamilienhauses in Adliswil ist ein echtes Familienprojekt: Entworfen hat ihn Thomas Zangger (Vater des Bauherrn, inzwischen in Ruhestand), wobei auch Jonathan Zangger (Bruder des Bauherrn,
Innenarchitekt) und natürlich der Bauherr selbst (David Zangger, Agentur allink) beim kreativen Bauprozess involviert waren.
zangger-architektur.ch, dyer-smith.ch, allink.ch